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Inhalt

I Worum handelt es sich bei ADM?
 
II Der Aufbau des ADM-Stichproben-Baukastens
    1 Die erste Stufe (Flächenstichprobe) 
      1.1 Grundlage und Quellen zur Einteilung und Ziehung der Sampling-Points
      1.2 Die Aufteilung der Bundesrepublik Deutschland
      1.3 Die Wahl der Sampling-Points
        1.3.1 Die Vorbereitung der Ziehungsdaten
    2 Die zweite Stufe (Haushaltsstichprobe) 
      2.1 Das Random-Walk-Verfahren
    3 Die dritte Stufe (Personenstichprobe) 
      3.1 Ergänzende Regeln
       
III Die Schwierigkeiten mit Ost-Deutschland
 
IV Anhang
    Beispiel: ADM-MSP (1)
    Berufsgrundsätze des ADM
     
V Literatur



I Worum handelt es sich bei ADM

Der Arbeitskreis Deutscher Marktforschungsinstitute e.V. (ADM) wurde gegründet, um aufwendige und teure Bevölkerungs-Erhebungen nach einheitlichen und kombinierbaren Konzepten realisieren zu können. Die Ergebnisse sollten für alle beteiligten Institute verwertbar erhoben werden. Teilhabende sind führende Markt- und Meinungsforschungsinstitute in der Bundesrepublik Deutschland, welche zusammen die Grundgesamtheit, die deutsche Bevölkerung, mit ihrem Interviewerstab erreichen und somit zu einer flächendeckenden Erhebung beitragen können sollen. Dies ist bisher noch nicht vollständig erreicht. Die Erhebungen stehen lediglich den Mitgliedern des ADM zur Verfügung.

 Gegründet wurde ADM 1963, als fünf deutsche Institute beschlossen, einen einheitlichen und mehrstufigen Erhebungs-Plan, gestuft nach Stimmbezirken (STBZ), Privathaushalten und Personen, mit einer Schichtung nach Bundesländern, Regierungsbezirken, Gemeindegrößenklassen, städtischen Zonen und Regionen (Boustedt-Zonen, -Regionen) und Begehungs- und Auflistungsregeln zu erstellen. Dies wirkt zunächst schwer überschaubar, soll jedoch im Verlauf noch übersichtlicher gedeutet werden.

 Die Verwendung von mehrstufigen und geschichteten Studien war nicht neu. Im folgenden soll kurz ein Abriß der Neuentwicklung deutscher Sozialforschung nach dem zweiten Weltkrieg gegeben werden.

 Während der Besatzungszeit bestimmten vorwiegend die Alliierten den Bevölkerungsforschungs-Sektor. Die USA war mit dem Institut "Opinion Surveys", die Engländer mit "Public Opinion Research Office" (PORO) vertreten. 1953 wurde allerdings der amerikanische Interviewer-Stab ausgegliedert und unter dem Namen "DIVO" eine selbstständige deutsche Verwaltungseinheit. Die DIVO zeigte sich für die Entwicklung der Erhebungsart, wie sie ADM verwendet, bedeutend. Als deutsche Konkurrenz galt z.B. das EMNID-Institut, welches bereits 1945 gegründet worden war.

 1947/48 entwickelte Hermann H. Wolff für die NWDR-Hörerforschung den sogenannten "Schwedenschlüssel", ein systematisches Zufallsverfahren, um Interviewern die Entscheidung abzunehmen, welche Personen in einem Haushalt zu interviewen sind. Dies sollte Manipulation verhindern. Der Schweden-Schlüssel ist heutzutage gängiges Handwerkszeug bei deutschen Forschungsinstituten. Im Anschluß entwarf Dipl. Ing. Rudolf Oerding Lochkarten für "Basisblocks" von je 10.000 Einwohnern, so daß zum ersten mal ein großer Stamm von Personen bereits im Institut ausgewählt werden konnte. Nach dem Krieg herrschte zunächst eine große Bevölkerungsdynamik, die Alliierten schätzten die Bevölkerung anhand Hilfsmitteln, wie Essensmarken. Den Lochmarken kam somit große Bedeutung zu.

 Prof. Dr. Edwards Deming vom DIVO-Institut wurde 1953 beauftragt, ein neues Stichproben-Modell zu entwickeln. Der "Deming-Plan" setzte die Gemeinden zugrunde. Daraus wurden Zonen gleicher Einwohnerzahl gebildet. Aufgrund der Größenunterschiede der Gemeinden gab es letztlich zwei Größeneinheiten: 14 Zonen zu unter 2.000 Einwohnern und 24 Zonen zu über 2.000 Einwohnern. Die Stichproben-Ziehung sollte bereits gewisse Einstellungsunterschiede berücksichtigen, so wurde von den hauptsächlich katholischen Zonen zu den hauptsächlich evangelischen Zonen gleitend aufgelistet. Daraus wurden in gleichmäßiger Schrittweite die Gemeinden gezogen,  welche für die weitere Sondierung bis hin zur Privatperson herangezogen wurden. Deming prägte damit die Vorstellung einer mehrstufigen, geschichteten und systematischen Random-Stichprobe, wie sie von ADM aufgegriffen und weiterverarbeitet wurde. Das besondere dabei ist, daß, anders als bei dem Quoten-Verfahren, jede Privatperson die gleiche Chance erhalten sollte, gezogen zu werden. Bei der Quotenziehung konnte der Interviewer stets auf seinen Klienten-Stamm zurückgreifen.

 Ende der 50er wurde wegen der aufwandsbedingt zunehmenden Schwierigkeiten bei der Pflege von Lochkarten auf das Area-Sampling (Flächen-Stichprobe) verstärkt zugegriffen. Dabei werden die ausgewählten Bezirke in Zellen unterteilt und jeweils von Interviewern abgegangen. Die Interviewer notieren nach bestimmten Begehungs-Kriterien Haushalte, welche schließlich im Institut als Grundlage für Ziehungen verwendet werden. Dieses Begehen wird Random-Walk-Verfahren genannt. Es wird später näher erläutert.

 1961 baute der Diplom-Mathematiker K.F. Flockenhaus für EMNID die Flächen-Stichprobe aus, auf der Basis der Stimmbezirke zur Bundestagswahl 1961. Aus den  Daten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden wurden 50.000 Lochkarten zu je 1.000 Personen erstellt. EMNID zog aus diesen 50.000 Karten 1.000 Bezirke. Die Auswahl erfolgte, proportional zur Zahl der Wahlberechtigten, in jedem Bezirk nach einem geschichteten Auswahlverfahren, in dem Bundesländer, Ortsgrößenklassen und das Ergebnis der vorangegangenen Bundestagswahl als Schichtungsmerkmale verwendet wurden. Die 1.000 Bezirke wurden weiter untergliedert in Unterbezirke, aus denen schließlich insgesamt 72.000 Privathaushalte gezogen wurden.

 1963 verwendete auch Deming zusammen mit Dipl. Math. F. Wendt die Daten der 61er Bundestagswahl. Der Deming-Wendt-Plan (für das Institut Infomarkt) gliederte die Gemeinden in vier Gemeindegrößenklassen:

 Zudem waren drei Stufen bei der Ziehung vorgesehen:  Die Segmente waren durch zusammengehörig erscheinende Häuserreihen gekennzeichnet. Sie wurden als ganze Einheit ermittelt und per Begehungsplan durchforstet, bei gleichzeitiger Interviewung.

1963 gründeten die Institute

den ADM e.V.

 EMNID sollte zur ersten Durchführung einer gemeinsamen Erhebung die entsprechenden Daten der Bundestagswahl 1965 ermitteln und aufbereiten.

 1969 beschlossen die Mitglieder ein konkret standardisiertes Vorgehen nach einem Baukasten-System, der ein gleichartiges Vorgehen sichern sollte.

 Am 10.04.1970 wurde dieser sogenannte "ADM-Master-Sample" in etwaig gleicher Version wie heute von bereits zehn Instituten angegangen. 1971 stand er den Mitgliedern zur Verfügung. Dieser Sample war allerdings noch sehr vorschreibend und wurde laut Beschluß im Jahre 1975 "gelockert", um den Instituten mehr Freiraum zu geben, ohne dabei die eigentliche Idee der "gleichberechtigten" (gleich verwertbaren) Daten aufzugeben.

 Am 18.10.1979 gehörten ADM bereits 28 Institute an. Seine Berufsgrundsätze sind in den Anhang übernommen. Es wurde das Buch "Muster-Stichproben-Pläne" (MSP) herausgebracht, welches Anleitung und Hilfen, sowie Beispiele zur Verwendung des ADM-Baukastens, allgemeine Verfahrensvorschriften anbietet. Seitdem werden regelmäßig Überarbeitungen vorgenommen. Teilweise wird hier darauf Bezug genommen.
 

II Der Aufbau des ADM-Stichproben-Baukastens

Bei der Betrachtung des ADM-Stichproben-Baukastens sind ein paar Punkte vorab ins Auge zu fassen:

  1.  Als Grundgesamtheit gilt die in Privathaushalten lebende deutschsprachige Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Mindestalter von 14 Jahren. Ihr gilt das Bestreben, sie ist also auch Zielgesamtheit der ADM-Stichproben. Die Vorgabe an den Interviewer wird aufgrund des Ermittlungsaufwandes im Regelfall auf den Privathaushalt, nicht auf eine konkrete Privatperson bezogen.
    Ein Privathaushalt wird laut statistischem Bundesamt Wiesbaden wie folgt definiert:

    "Zusammenwohnende und gemeinsam wirtschaftende Personengruppen, die sowohl verwandte als auch fremde Personen, Familien im engsten und im weitesten Sinne, häusliches Dienstpersonal, gewerbliche oder landwirtschaftliche Arbeitskräfte usw. umfassen kann. Auch Personen, die für sich allein wohnen und wirtschaften, wie z.B. Einzeluntermieter, zählen als Haushalt. Haushalte des Personals oder von Insassen in Anstalten (wie Haushalt des Anstaltsleiters, Arztes oder Pförtners) werden ebenfalls zu den Privathaushalten gerechnet."

    Es gilt ebenfalls, daß Kinder, welche sich die Wohnung mit den Eltern teilen, sich dabei allerdings selbst ständig versorgen und Miete zahlen, einen eigenen Haushalt führen.

  1. Die für die Untersuchung herangezogenen Personen/Haushalte sollen im Random-Verfahren  (Zufallsauswahl) ermittelt werden, d.h. ihnen soll nicht vorab eine größere oder kleinere Chance der  Auswahl eingeräumt werden. Dafür werden größere Bevölkerungs-Ordnungen (z.B. größere Gemein den) gegenüber kleineren Bevölkerungs-Ordnungen (z.B. kleinere Gemeinden) proportional (zu einem entsprechend höheren Anteil vertreten) in der Ziehungsliste geschichtet, so daß auf größere Ordnungen auch mehr Ziehungen fallen. Die Auswahl folgt der uneingeschränkten Zufallsauswahl oder der systematischen Zufallsauswahl, d.h. einer Sprungweite (s), die sich aus der Ziehungs-Gesamtheit N dividiert durch die zu ziehende Anzahl n (N/n) ergibt (Startpunkt: s; nächster Sample s+s; nächster Sample s+s+s ...).
  1. Die Ermittlung der Zielpersonen oder -haushalte aus der Grundgesamtheit erfolgt mehrstufig. Dabei werden die Gemeinden, Wahlbezirke und Boustedt-Regionen  und -Zonen (soziodemographische Betrachtung; Erklärung folgt) als Standard-Stufen berücksichtigt. Weitere Stufen werden aufgeführt.
  1. Für die Ermittlung der Befragungs-Personen oder der Haushalte, werden Begehungs- und Auswahlregeln bereitgestellt, welche ein zufälliges Auswählen garantieren sollen.
 Der ADM-Baukasten bietet drei voneinander abgegrenzte Stichprobenermittlungs-Stufen, welche in etwa auch die Mehrstufigkeit des Auswahlverfahrens verkörpern. In der ersten Stufe werden die sogenannten Sampling-Points (Stimm-/Wahlbezirke) aus der systematischen Einteilung der Bundesrepublik Deutschland ermittelt. In der zweiten Stufe werden aus diesen Sampling-Points die Haushalte ermittelt. In der dritten Stufe erfolgt die Erhebung anhand Begehungs- und Personenauswahl-Vorschriften.

1 Die erste Stufe (Flächenstichprobe)

1.1 Grundlage und Quellen zur Einteilung und Ziehung der Sampling-Points

Explizite Bevölkerungsdateien von ausreichendem Ausmaß sind nicht vorhanden. Daher müssen die Institute für ihren Bereich auf mehrere Quellen zurückgreifen, letztendlich selbst Begehungen durchführen, um sich ein annähernd richtiges Bild über die Anzahl und die Verteilung der Bevölkerung machen zu können.Eine Möglichkeit ist das ADM-Ziehungsband, das zuerst 1976 auf Basis der 1976er Bundestagswahl-Stimmbezirke im Auftrag von ADM, AG.MA/MMC (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse/Tochtergesellschaft), sowie den Instituten Infas und Marplan erstellt wurde. Dieses Bundestagsband enthält für alle Bundestags-Stimmbezirke folgende Informationen:

 Als Quellen dienten dieser Erhebung:  Die Aktualität der Daten wird alle 4 Jahre jeweils zu den Bundestagswahlen überprüft.

1.2 Die Aufteilung der Bundesrepublik Deutschland

Um eine repräsentative Auswahl von Sampling-Points (STBZ) zu erhalten, müssen diese hierarchisch aufgelistet werden und nach Bevölkerungsanzahl proportional bei der Ziehung ins Gewicht fallen. Zudem müssen sie den einzelnen Instituten zugeordnet sein. Dazu sind die Gemeinden und Stimmbezirke in die BRD gliedernde Netze (Stichproben) zusammengefaßt. Jedes Institut kann eine überschneidungsfreie Zuordnung von Netzen beim ADM kaufen. 1993 wurden im Westen 128 Netze gezogen, im Osten 64. Aus jedem dieser Netze sollen für die Erhebung 210 Sample-Points, also Stimmbezirke, gezogen werden. Dies ergibt im Westen 26.880 und im Osten 13.440 Sample-Points. Es gibt die Möglichkeit die West- und Ost-Netze zu verknüpfen, d.h. wenn West- und Ost-Netze für einheitliche Betrachtungen verschmelzen, werden 210 Sample-Points auf der Westseite und 52/53 Sample-Points auf der Ostseite zu 262/263 Sample-Points als Stichprobe zusammengefaßt. Die nicht runde Summe an Sampling-Points ergibt sich aus einer erst die Haushalte selbst betreffenden Grundüberlegung. Da die Interviews über die Woche verteilt in gleicher Anzahl gemacht werden sollen, werden Summen für die Ziehung bevorzugt, welche sich durch sieben (Anzahl der Wochentage) teilen lassen.
 
Verteilung der Netze auf die Institute (1993):
 
Nummer der Stichproben (Netze) Anzahl Stichproben (Netze) Institut
Ost West Ost West
33-36 1-8 4 8 Basis
37-40 9-16 4 8 Emnid
17-24 17-32 8 16 MMA
25-32 33-48 8 16 Sample
49-56 49-64 8 16 Infratest
41-44 65-72 4 8 GFM-Getas
45-48 73-80 4 8 IFAK
9-16 81-96 8 16 GfK
57-60 97-104 4 8 IVE
61-64 105-112 4 8 MAFO
1-2 113-116 2 4 HD
3-8 117-128 6 12 Marplan
1993 gesamt 64 128
 
 Die Sample-Points werden mit Zurücklegen ermittelt, d.h. wegen der Repräsentativitätswahrung haben größere Sample-Points durch höhere Prioritätenvergabe (proportionale Schichtung) die Möglichkeit, öfter gezogen zu werden. Die gezogenen 210 Sample-Points ergeben sich also aus tatsächlich weniger.

Mehrfach-Ziehung von Points im Institut-System:
 
Ziehungs- häufigkeit Anzahl  Points Ost Anzahl Points West
einfach mehrfach einfach mehrfach
1 9.884 9.884 26.684 26.684
2 1.662 3.324 98  196
3 73 219 0 0
4 2 8 0 0
5 1 5 0 0
SUMME: 11.622 13.440 26.782 26.880
(13.440 = 64 Netze x 210 Points) (26.880 = 128 Netze x 210 Points)

 Bei dem ADM-Stichproben-Verfahren gilt die Regel, keine Sampling-Points mit weniger als 400 Wahlberechtigten einzeln aufzuführen. Das bedeutet, daß solche Bezirke zu größeren Bezirken synthetisiert werden.

Mengengerüst in der Ziehungsdatei:
 
Ost West 
Originäre 11.414 48.595
Synthetisierte 8.391 12.214
Synthetische 2.889 4.665
Originäre und Synthetisierte 19.805 60.809
Originäre und Synthetische 14.303 53.260
Davon gezogen 11.622  26.782
ja
nein 2.681 26.478
Originäre: Vorhandene; Synthetisierte: Zusammengefaßte; Synthetische: nach der Zusammenfassung
 
Bei der Synthetisierung können die Boustedt-Zonen und -Regionen herangezogen werden. Sie spielen im allgemeinen nur ergänzend eine Rolle. Da sie sich nicht nach dem politischen Wahlsystem richten, sondern nach soziodemographischen Gesichtspunkten, können anhand des Boustedt-Modells (BIK-Modell) Synthetisierungen unter Berücksichtigung gleicher Bedingungen innerhalb der STBZ durchgeführt werden.
 

Eine typische Zonen-Gliederung nach Boustedt (BIK):

 Das Modell stammt ursprünglich aus der Raumplanung und beinhält weitere Möglichkeiten zur Kriterien-Bildung. Auch können bei größeren Städten Zwischenzonen gewählt werden. Die Boustedt-Regionen gliedern in ähnlicher Weise regionale Bedingungen, wie Großzentren, Kleinstädte mit direkter Anbindung an Großzentren, Kleinstädte mit Anbindung an Mittel- oder Kleinzentren etc. Wie erwähnt kommt das BIK-Modell nur ergänzend hinzu, falls eine Vergleichssituation mit politischen Unterteilungen nur unbefriedigend zu einem Ergebnis geführt werden kann.

1.3 Die Wahl der Sampling-Points

Es gibt unter den Muster-Stichproben-Plänen (MSP) zwei Methoden der Ermittlung der Sampling-Points. (Die Ermittlung der Primäreinheiten):
  1. Es werden zunächst die Gemeinden ermittelt und aus diesen die STBZ:
  2. In diesem Fall werden die ermittelten Gemeinden (Teileinheiten) als Primäreinheiten bezeichnet. Es wird empfohlen, eine uneingeschränkte Zufallsauswahl von zehn STBZ je Gemeinde zu tätigen, also ergibt dies:

    210 Sample-Points dividiert durch zehn Sample-Points je Gemeide ist gleich 21 Gemeinden, welche aus einem Netz ermittelt werden müssen.

    Sind die Gemeinden ermittelt, erfolgt die Ziehung der Sampling-Points (Sekundäreinheiten).

  1. Es werden die STBZ direkt ermittelt:
  2. Hierbei bilden die STBZ die Primäreinheiten. Es werden also alle Gemeinden eines Netzes zur Wahl herangezogen, aus denen per Zufallswahl die Primäreinheiten ermittelt werden.

1.3.1 Die Vorbereitung der Ziehungsdaten

Im Regelfall werden Gemeinden und STBZ nicht aus einem willkürlichen Haufen gezogen, sondern aus einer systematisch aufgebauten Liste. In dieser sind die einzelnen Einheiten aufsteigend geschichtet nach Einwohnerzahl und Überordnung. Als Überordnungen gelten je Primäreinheit:

 Der Begriff der Schichtung besagt im allgemeinen, daß interessierende Merkmale, sowie notwendige Quoten die Grundlage einer Sortierung bilden.

 Erst nachdem die Liste der vorgegebenen Schichtung gerecht vorsortiert wurde, kann mit der Zufallsauswahl begonnen werden. Dabei gelten zwei Verfahren:

  1. Bei der uneingeschränkten Zufallsauswahl erhalten alle STBZ die gleiche Chance gezogen zu werden. Dies kann zu Verzerrungen der Repräsentativität führen, da der Zufall sich nicht an die Richtlinie der realen Verhältnisse hält, d.h. es könnten nur einseitig repräsantive STBZ gezogen werden, wie z.B. lediglich Agrarregionen. Für die Ermittlung der zufälligen Werte können Zufallszahlen-Generatoren, Losverfahren, bei Namen auch Buchstaben (unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen Vorkommen einzelner Buchstaben), bei Personen Geburtstage verwendet werden. Zudem gibt es zum einen Permutations-Schemata, bei denen die vorkommenden Möglichkeiten gemischt werden, Zufallslisten, in denen nach einem vorgegebenen Schema eine Zahl herausgelesen werden kann (z.B. Spalte oder Zeile aussuchen und soweit abzählen, wie die Werte 10er-Potenzen haben) und den Schwedenschlüssel. Die Systeme werden bei Bedarf an den jeweiligen Stellen erklärt.
  1. Bei der systematischen Zufallsauswahl wird aus dem Verhältnis von Gesamteinheit und Samples eine Schrittweite ermittelt (s=N/n). Angenommen es gibt 100 Gemeinden, und aus diesen sollen zehn STBZ ermittelt werden, so ergibt sich eine Schrittweite von 100/10 = 10. Also wird jeder zehnte STBZ aus der nach Gemeinden und Einwohnergröße sortierten Liste gewählt. Startpunkt ist dabei die Schrittweite s selbst, also 10. Sind in einer Gemeinde weniger als zehn STBZ, so kann diese zufällig gänzlich übergangen werden, haben Gemeinden ein mehrfaches von s an STBZ, so können sie öfter gewählt werden, was bedeutet, daß aus ihnen auch das Mehrfache an Haushalten ausgewählt wird. So trägt man der ungleichen Verteilung der Bevölkerung über die BRD rechenschaft. Werden bei Mehrfach-Ziehungen Stichproben erschöpft, so wird eine nichtgezogene Stichprobe hinzugezogen (oder synthetisiert).
2 Die zweite Stufe (Haushaltsstichprobe)

Nun werden aus den ermittelten STBZ die Haushalte ausgewählt. Das Verfahren ist Institutsabhängig, hängt aber auch davon ab, wie Daten vorliegen und ob die Vorgabe noch einmal verwendet werden soll. Liegt ausreichend Datenmaterial über einen STBZ vor, so kann die komplette Auswahl im Institut vorgenommen werden. Ansonsten müssen die Haushalte vorab ermittelt werden. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, daß Haushalte, also Adressen, zumeist leichter zu ermitteln sind, als konkrete Personen. Daher werden anstatt der gewünschten Personenzahl entsprechend viele Haushalte ausgewählt, aus denen jeweils nur eine Person interviewt wird. So erspart man sich müßige Erhebungen oder Strategien.

 Es gibt drei Varianten der Vorort-Ermittlung. Sie sollen verhindern, daß die Ermittler nach persönlichen Kriterien walten und somit dem Zufallsprinzip entgegen handeln:

  1. Die Totalauflistung
  2. Hierbei sind Regeln im Grunde überflüssig, da jeder Haushalt erfaßt werden soll. Es reicht also im Grunde, auf einer Karte Häuser anzukreuzen. Falls tatsächlich der Stimmbezirk begangen werden soll, wird er in einzelne Bereiche eingeteilt, die jeweils komplett von einem Mitarbeiter begangen werden. Dies kann nach dem Random-Walk-Verfahren geschehen (s.u.). Bei der Begehung werden alle Haushalte von den Hausschildern abgeschrieben. Die Vorgabe der betreffenden Haushalte erfolgt nach systematischer Zufallsauswahl im Institut.

  1. Die partielle Auflistung
  2. Es werden entweder nach einer vorab zufällig erstellten Liste oder dem Random-Walk-Verfahren Straßen ausgesucht, deren Haushalte vollständig aufgelistet und schließlich im Institut als Vorgabe für die Zufallsermittlung verwendet werden.

  1. Die parallele Teilauflistung
  2. Die Auswahl der Straßen erfolgt gleich der partiellen Auflistung. Nun werden jedoch nur teilweise Haushalte nach einer vom Institut vorgegebenen Schrittweite ermittelt. Die Regel dabei lautet: Die Schrittweite s sei größer 2 und kleiner 11. Die Entscheidung, welche Haushalte ausgewählt werden, liegt ebenfalls beim Institut.

    Bei diesem Verfahren erfolgt sofort das Interview.

 Erfolgen Begehung und Interview getrennt, wird eine Auflistung auch als Adress-Random-Verfahren bezeichnet. Erfolgt ein Interview bei der Begehung, wird das Verfahren als Random-Route-Verfahren bezeichnet. Das Random-Route-Verfahren wird somit der parallelen Teilauflistung zugeschrieben, es wird ein Startpunkt und eine Richtungsbeschreibung (erste rechts, zweite links...) vorgegeben. Zudem gibt es eine Faustregel: rechts gehen, links abbiegen; links gehen, rechts abbiegen.

2.1 Das Random-Walk-Verfahren

 Im Slang wird es mit dem Random-Route-Verfahren gleichgesetzt. Hierbei wird zufällig eine Startadresse gewählt. Diese Adresse gilt noch nicht für die Auflistung. Von dieser Adresse aus wird nach einer ermittelten Schrittweite vorgegangen. Dabei sind folgende Regeln zu beachten:

3 Die dritte Stufe (Personenstichprobe)

 Nachdem die entsprechenden Haushalte ausgewählt worden sind, werden sie von den Interviewern aufgesucht. Vorort können sich nun mehrere Fälle ereignen:

 Es sei darauf verwiesen, daß es sich bei allen aufgeführten Regelungen in diesem Text um Standart-Empfehlungen handelt, von denen die Institute ohne Beeinflussung der Qualität abweichen können.

 Hat man den entsprechenden Haushalt gefunden, können mehrere Gründe dazu führen, daß ein Interview dennoch nicht zustande kommt (Quelle: Infratest Burke AG):

 Wohnt nur eine Person im Haushalt, ist die Ermittlung der Zielperson leicht. Wenn der Haushalt aus mehreren Personen besteht, darf nur eine Person gewählt werden. Dies kann wieder nach einem uneingeschränkten Zufallsverfahren erfolgen, wie z.B. dem Geburtstag, welcher als nächstes eintreten würde. Es gibt allerdings auch vorgeschriebene oder vorgegebene Verfahren. Dabei werden die Personen regulär nach ihrem Alter abwärts, vornamensalphabetisch und nach Geschlecht geschichtet. Wichtig ist, daß die Auswahl einer Person nicht beim Interviewer liegen darf, sondern um Manipulation zu verhindern bereits vom Institut vorgegeben sein muß:  Da in Haushalten mit unterschiedlichen Größen die Personen auch unterschiedliche Auswahlchancen haben, muß die Haushaltsgröße immer mit auf dem Fragebogen festgehalten werden. Um diesen Mißstand zu korrigieren, wird bei der Auswertung ein entsprechender Gewichtungsfaktor hinzumultipliziert. Das bedeutet z.B., daß eine Person in einem Zwei-Personen-Haushalt eine Auswahlchance von 0,5 hat und seine Aussage somit doppelt gewichtet wird. Dieses Vorgehen wird Transformation genannt.

3.1 Ergänzende Regeln

Dem Interviewer sind zum Verfahren noch weitere Regeln aufgelegt:

III Die Schwierigkeiten mit Ost-Deutschland

 Als die Grenzen geöffnet wurden, galt weiterhin das ostdeutsche System der regionalen Gliederung. Boustedt-Regionen gab es überhaupt nicht. Durch die BIK-Revision sind im Osten einheitliche BIK-Regionen geschaffen worden. Das Problem mit den STBZ hat sich mit der letzten Bundestagswahl demnächst auch erledigt. Während der Zwischenphase mußte sich allerdings anderweitig beholfen werden. Anstatt der Boustedt-Regionen wurden die politischen Gemeindegrößenklassen (GGK) gewählt. Demnach ergaben sich folgende Grundunterteilungen für die BRD:
 
West  Ost
Kreise 328 216
Regierungsbezirke (RGBZ) 31 15
Boustedt/GGK 10 11
Bundesländer 11
 Es gab aber auch ganz andere Schwierigkeiten. Nachdem im Osten nun endlich Umfragen möglich waren, galt der Aussage mehr Interesse als ihrer Repräsentativität. Als dieses vorüber war, blieb das Problem der Andersartigkeit. Der Wunsch, einen einheitlichen Stichproben-Plan für die gesamte BRD zur Verfügung zu haben, erwies sich in der Praxis als schwierig. So wurde sowohl an einem gesamten, als auch an zwei getrennten gearbeitet. Man wußte, daß der Osten noch lange der Osten bleiben würde, mit seiner eigenen Mentalität und seiner eigenen Problematik. Derzeit stecken die Erhebungen noch in der Probe-Phase. Aus den Ergebnissen müssen die Erkentnisse über längere Zeit herausgeschält werden. Dabei reichen die Wünsche bereits zu ganz andere Ebenen, denkt man an einen in europäische Erhebungen einfügbaren Rahmen.

 Doch zuviel muß berücksichtigt werden. Da wären die kulturellen Unterschiede, die unterschiedlichen Referenzen aufgrund unterschiedlicher Bildungssysteme etc. All jenes muß von einem gesamtdeutschen Fragebogen abgedeckt werden, was bedeutet, daß sein Ausmaß entsprechend überladen ausfällt. Fragebögen für Bevölkerungsstichproben sind nicht selten über 30 Seiten lang. Hinzu kommt, daß noch nicht geklärt ist, inwieweit in beiden Teilen Deutschlands Fragen gleich verstanden, Antworten gleich gegeben werden. Werden Synonyme gleich verwendet? Wie werden Positionen eingeschätzt, eingestuft? Ist die politische "Links-Rechts"-Einteilung empfindungsgemäß gleich?

 Letztlich scheitert eine Neuerarbeitung qualitativ besserer Erhebungen an der Geldfrage. Solange es den Abnehmern zu teuer ist, werden eher schlechte Fragen mitgeschleppt, als neue Fragen entwickelt. Bedarf es also mehr Geld, um Qualität zu erlangen?
 

IV Anhang

Beispiel: ADM-MSP (1) als Gif: 29 kB
(aus ADM Muster-Stichproben-Pläne, 1979)

Berufsgrundsätze des ADM
(Arbeitskreis Deutscher Marktforschungsinstitute e.V.)

I. Grundlage für Verhaltensnormen

Der ADM Arbeitskreis Deutscher Marktforschungs-Institute e.V. ist eine berufsständische Organisation. Verhalten und Verantwortung der Mitglieder sind geprägt durch die Tatsache, daß sie einem beratenden Dienstleistungsberuf angehören. Gegenüber den Dienstleistungen allgemein sind die beratenden Dienstleistungen dadurch gekennzeichnet, daß der Auftraggeber, der Klient, in der Regel die fachliche Qualität der ihm erwiesenen Leistung nicht voll beurteilen kann und darum auf die Fairneß und Gewissenhaftigkeit des Dienstleistenden angewiesen ist.

Es gilt, Verhaltensnormen zu bestimmen, die eine Irreführung der Öffentlichkeit ausschließen und die Arbeit von Marktforschungsinstituten gegen unlautere Betätigungen klarer als bisher abgrenzen.

Um ihre Untersuchungsaufgaben wahrnehmen zu können, sind die Mitglieder des Arbeitskreises angewiesen, auf die Informationen, die ihnen von ausgewählten Personen und Institutionen gegeben werden. Die Informanten sind dabei im guten Glauben, daß ihnen aus ihrer Bereitschaft zu Auskünften kein Nachteil erwächst. Dies begründet eine besondere Schutzverpflichtung der Mitglieder gegenüber den Informanten. Schließlich wirken viele Untersuchungsergebnisse der Mitgliedsinstitute in den öffentlichen Bereich hinein, die Anwendung der Untersuchungsergebnisse hat oft weitgehende Folgen. Auch daraus ergibt sich eine erhöhte Verpflichtung für die Mitglieder des Arbeitskreises beim Ausüben ihrer Berufstätigkeit.

In dieser gemeinsamen Überzeugung haben die Mitglieder des Arbeitskreises die folgenden Berufsgrundsätze für ihre Tätigkeit aufgestellt.

II. Verhaltensnormen der ADM-Mitglieder gegenüber ihren Auftraggebern

Der Untersuchungsbericht muß - soweit es im Rahmen der Untersuchungsmethode liegt - folgende Angaben enthalten:
  1. Auftraggeber der Untersuchung
  2. verantwortliches bzw. durchführendes Institut
  3. Aufgabenstellung der Untersuchung
  4. Beschreibung der Grundgesamtheit
  5. Umfang und Zusammensetzung der Stichprobe
  6. Zahl der Sample-Points und Zahl der Befragungsorte
  7. detaillierte Beschreibung der angewendeten Auswahlmethode und des Auswahlverfahrens
  8. Zeitraum der Erhebung
  9. Anzahl und Beschreibung der für die Erhebung tätigen Interviewer und Angabe der angewandten Kontrollmethoden
  10. Fragebogen
  11. bei in Prozentwerten ausgewiesenen Untersuchungsergebnissen die Basiszahlen, auf denen sie beruhen
  12. eine Erklärung, über die verwendeten mathematisch-statistischen Verfahren (Modell o.ä.) auf Wunsch des Auftraggebers Auskunft zu erteilen
  13. bei Verwendung von Sekundärmaterial die Quellen
  14. eine deutlich erkennbare Trennung der ermittelten Daten von eventuellen Interpretationen, Schlußfolgerungen, Empfehlungen
III. Verhaltensnormen der ADM-Mitglieder gegenüber ihren Informanten

Um einen unlauteren Vorgehen im Sinne einer unzulässigen Beeinflussung der Befragten und damit der Ergebnisse vorzubeugen, gehen die ADM-Mitglieder folgende Verpflichtungen bei der Ausführung ihrer Forschungsaufgaben ein:

  1. Die ADM-Mitglieder treffen Vorsorge, um die völlige Anonymität ihrer Informanten sicherzustellen. Enthalten Untersuchungsberichte Zitate, so ist dafür zu sorgen, daß sie nicht mit einer bestimmten Person, einem Unternehmen, einer Organisation oder Behörde identifiziert werden können.
  2. Die Interviewer der ADM-Mitglieder haben vor Beginn ihrer Interviews Name und Anschrift ihres Instituts zu nennen. Die Interviewer der ADM-Mitglieder sind mit einem besonders gekennzeichneten Aus-weis ausgestattet.
  3. Es ist das Recht der Befragten zu respektieren, Antworten zu verweigern und das Interview jederzeit zu beenden. Bereits gegebene Informationen sind auf Wunsch des Befragten zu annullieren. Alle Methoden und Techniken, die dieses Recht einschränken könnten, sind zu unterlassen.
  4. Es ist unlauter, unter dem Namen der Marktforschung Werbung oder Aquisition zu betreiben. Die ADM-Mitglieder geben ihren Informanten die Gewähr dafür, daß Interviews nicht in dieser Weise miß-braucht werden.
(ADM Muster-Stichproben-Pläne, 1979)
 

Literatur

ADM-Arbeitskreis Deutscher Marktforschungsinstitute (Hrsg.): »Muster-Stichproben-Pläne. Für Bevölkerungs-Stichproben in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin«. München: Verlag Moderne Indu-strie, 1979.

Arbeitsgemeinschaft ADM-Stichproben und Bureau Wendt. »Das ADM-Stichprobensystem (Stand 1993)«. In: Gabler, Hoffmeyer-Zlotnik, Krebs (Hrsg.), Gewichtung in der Umfragepraxis, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1994, S. 188-202.

EMNID-Institut: »EMNID-Interviewer-Handbuch«, Interne Arbeitsunterlage für Interviewer des EMNID-Institutes - Keine weiteren Angaben.

Heyde, Chr. v.d./Löffler, Ute: »Die ADM-Stichprobe«. In: planung und analyse 5/1993, S.49-53

Mohler, Peter Ph.: »Umfragen in einer neuen Republik. Randbemerkungen zu Erhebungsproblemen im Deutschland der Neunziger Jahre«. In: Jaufmann, Kistler, Meier, Strech (Hrsg.), Empirische Sozialforschung im vereinten Deutschland. Bestandsaufnahme und Perspektiven, Frankfurt/M., New York: Campus Verlag, 1992, S. 291-297.

Porst, Rolf: »Ausschöpfung bei sozialwissenschaftlichen Umfragen« (Abschnitt: Infratest Burke AG). Mannheim: ZUMA, 1996.