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Gliederung

 

1. Einleitung

1.1 Definitionen

1.2 Wünschenswertes Körpergewicht

 

2. Ursachen

2.1 Gibt es körperliche Ursachen ?

2.2 Der Weg in die Sucht

 

3. Eßsucht

3.1 Wie häufig ist Eßsucht ?

3.2 Kennzeichen

3.3 Körperliche Folgen

3.4 Seelische und soziale Folgen

 

4. Magersucht

4.1 Wie häufig ist Magersucht ?

4.2 Kennzeichen

4.2.1 Pubertätsmagersucht

4.2.2 chronische Magersucht

4.3 Körperliche Folgen

4.4 Seelische und soziale Folgen

 

5. Bulimie/ Eß-Brechsucht

5.1 Wie häufig ist Bulimie

5.2 Kennzeichen

5.3 Körperliche Folgen

5.4 Seelische und soziale Folgen

5.5 Tabelle Vergleich Magersucht- Bulimie

 

6. Sozio-kulturelle Ursachen

6.1 Werbung und Gesellschaft

6.2 Kulturkreise

6.3 Zeitliche Tendenzen

7. Schlußwort

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

 

Vorweg möchte ich sagen, daß diese Hausarbeit nur die Themen

Eßsucht, Magersucht und Bulimie umfaßt. Das Thema "Freßsucht"

ist nicht inbegriffen, da es "Freßsucht" ernährungsphysiologisch

gesehen nicht gibt. Im Volksmund wird die "Eßsucht" durch eine abwertende "Freßsucht" ersetzt.

Ich möchte mit dieser Arbeit die deutlichen Abgrenzungen zwischen

den einzelnen Eßstörungen aufzeigen.

 

 

1.1 Definitionen

 

Aus Verständnisgründen ist es notwendig einige Gewichtsdefinitionen

im vorhinein zu geben.

 

Normalgewicht : Körpergröße ( cm ) - 100 (nach Broca)

 

Idealgewicht : Männer : Normalgewicht - 10 %

Frauen : Normalgewicht - 15 %

 

 

Übergewicht : Normalgewicht + über 20 % des Normalgewichts

 

Untergewicht : Normalgewicht - über 20 % des Normalgewichts

(vgl. P. Mader, 1988)

 

Daneben gibt es noch weitere Systeme wie den Body-Mass-Index (BMI), das System nach Bornhard, das den Brustumfang und die Körperlänge zugrunde legt, und andere.

 

Diese Systeme greifen z.T. auf abstrakte Werte zurück und sind demnach für den "Otto-Normal-Verbraucher" ungeeignet. Die oben genannten Definitionen sind deshalb wegen ihrer simplen, aber trotzdem genauen Strukturen, zu bevorzugen. Es sollten aber auch Faktoren wie Körperbau und Blutdruck mit einbezogen werden.

Dieses geschieht zwar schon durch die Spannweite des Normalgewichts, doch sollte darüberhinaus eine Absprache mit dem Arzt getroffen werden, welches Gewicht als Normalgewicht für den Patienten angesetzt wird.

 

 

1.2 Wünschenswertes Körpergewicht

 

Das wünschenswerte Körpergewicht wird folgendermaßen erklärt:

 

a) Es ist dort festzusetzen, wo eine höchste Lebenserwartung vermutet

wird .

 

b) Es ist dort anzusetzen, wo die Begleiterkrankungen am geringsten

auftreten.

c)Es ist dort anzusetzen, wo sich der Mensch wohl fühlt.

 

Eine wissenschaftliche Erkenntnis ist, daß dem Menschen hierbei ein Spielraum gelassen werden muß, da jeder individuell auf das Gewicht reagiert.

So wurde die Spanne von 20 % über bzw. unter dem Normalgewicht festgelegt.

 

2. Ursachen

 

2.1 Gibt es körperliche Ursachen ?

Immer wieder wurde und wird versucht herauszufinden, ob es erbliche und körperliche Ursachen zur Erklärung des Phänomens Sucht gibt. Bis heute ist das noch nicht gelungen. Es gibt zwar Anzeichen dafür, daß Anlagefaktoren die Entwicklung einer Sucht begünstigen, aber eine alleinige Ursache ist ausgeschlossen. (vgl. P. Mader, 1988)

 

 

2.2 Der Weg in die Sucht - individuelle Ursachen

Der Weg in die Sucht beginnt stets mit der gleichen Ursache :

 

"Mangel und Unsicherheit werden als unerträglich erlebt."

(P. Mader, 1988)

 

Unter Mangel werden hier die verschiedensten Arten von emotionaler Zuwendung, Entfaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten verstanden.

Es tut sich eine Kluft zwischen dem ideal Vorgestellten und den realen Lebensverhältnissen auf, die sich als Mangel erweist und schmerzlich erlebt wird. Der später süchtige Mensch kann dieses Mißverständnis nicht mehr aushalten, ist aber auch gleichzeitig unfähig es abzubauen.

 

"Wer nicht weiß, was er tun kann, oder sich nicht zutraut, was zu tun wäre, keine Geduld mit sich und keine Zeit zum Warten hat, greift leicht zu einer naheliegenden Ersatzlösung." (P. Mader, 1988)

 

 

 

Diese schafft vorübergehend eine Erleichterung und gibt außerdem ein Gefühl von Sicherheit und Selbständigkeit; das Gefühl, sich selbst Befriedigung verschaffen zu können.

Die Ersatzlösung hält aber nur kurze Zeit vor, da der Mangel selbst fortan bestehen bleibt, und so wird die gefundene Verhaltensweise wiederholt. Dieses gilt für alle Formen der Eßstörung.

 

Schließlich entsteht eine Abhängigkeit = Sucht.

In immer kürzeren Abständen muß das gleiche Verhalten erneut eingesetzt werden, da sich die positive Wirkung schneller verbraucht. Süchtiges Verhalten, ist eine Reaktion auf unbefriedigende Lebensverhältnisse. Es ist eine Flucht, Ablehnung, Verweigerung und stummer Protest. Zugleich ist es aber auch Resignation und Anpassung, denn:

 

"Wer in die Sucht geflohen ist, hat für Veränderungen keine Kraft mehr." (P. Mader, 1988)

 

 

3. Eßsucht

 

3.1 Wie häufig ist Eßsucht ?

 

Immer wieder ist folgendes oder ähnliches in der Presse zu lesen:

"Jeder zweite Bundesbürger ist übergewichtig."

Aber leider liegen keine Untersuchungen darüber vor, wieviele Menschen davon unter süchtigem Eßverhalten leiden.

Die Tendenz jedoch zeigt, daß hauptsächlich Frauen zwischen der Pubertät und dem 50. Lebensjahr betroffen sind. Dieses läßt sich

durch die erstaunlich hohe Anzahl der Frauen in Selbsthilfegruppen und psychotherapeutischer Behandlung belegen.

Der Männeranteil, der an Eßsucht erkrankten läßt sich erst

bestimmen, wenn ein zweites süchtiges Verhalten hinzukommt.

Er beträgt dann etwa 3%. (vgl. P. Mader, 1988)

 

 

3.2 Kennzeichen

 

Natürlich werden Eßsüchtige durch ihr Übergewicht gekennzeichnet, aber dieses bedeutet nicht, daß alle Übergewichtigen Eßsüchtig sind.

Eßsüchtige denken ihr Eßverhalten sei etwas nicht Kontrollierbares

und etwas, daß gegen sie selbst gerichtet ist.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten das Übergewicht zu erlangen:

 

1. durch einzelne Eßattacken oder

2. durch ständiges Essen.

 

 

Oftmals liegt eine Mischform aus beiden vor und die Betroffenen schämen sich ihrer Unfähigkeit sich nicht beherrschen zu können.

Eßsüchtige sehen ihren Körper als Schande und als ihren Feind.

Der "übergewichtige Körper" hindert sie an einer glücklichen Gegenwart, die der Betroffene nur überstehen muß, um dann in einer schlanken Zukunft zu leben, die sich ganz von selbst ergeben wird.

Unbewußt allerdings nutzt der Übergewichtige seinen Körper in der Gegenwart, um die Auseinandersetzung mit seiner Umwelt zu bewältigen. (vgl. P. Mader, 1988)

 

1. Auflehnung gegen bestimmte Rollenerwartungen

Bsp.: "Ich will doch gar nicht attraktiv und dynamisch sein."

 

2. Schutz vor Selbstkritik

Bsp.: "Man mag mich nur nicht, weil ich dick bin."

 

3. Überforderung

Bsp.: "Du weißt doch, ich kann das alles nicht mehr."

(vgl. P. Mader, 1988)

 

Es wird vermutet, daß dieser unbewußte Nutzen die Eßsüchtigen relativ "immun" gegen viele Diätversuche macht. Sie nehmen oftmals fünf bis zehn Kilogramm ab, können das erreichte Gewicht dann aber nicht halten und nehmen wieder zu.

Daher sind häufige Gewichtsschwankungen typisch für Eßsüchtige.

 

 

 

 

3.3 Körperliche Folgen

 

Das aus der Eßsucht resultierende Übergewicht belastet Herz und Kreislauf und begünstigt Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Gallensteine und Schlaganfälle. Treten später mehrere dieser Krankheiten zusammen auf nennt man dieses das metabolische Syndrom. Eine ärztliche Behandlung ist dringend erforderlich.

(vgl. C.A. Schlieper, 1986)

 

 

3.4 Seelische und soziale Folgen

 

Das "Dick sein" wird in unserer Gesellschaft stark diskriminiert. Erstaunlich ist jedoch, daß Männer eher als "stattlich" (also noch positiv) und Frauen als "fett" (negativ) bezeichnet werden. So entsteht hier schon ein großer Nachteil für die am häufigsten Betroffenen.

 

Demnach wird vom Dicksein auch immer auf die Person geschlossen: Zwar gelten Übergewichtige als freundlich, gemütlich und aufgeschlossen, aber sie werden auch als faul, träge, unsauber und unattraktiv bezeichnet. Aus diesem Grund, häufig sind es natürlich nur Vorurteile, werden Übergewichtige in unserer Leistungsgesellschaft nicht als vollwertige Mitglieder angesehen. Dieses bringt wieder Kontaktschwierigkeiten, Komplexe und ein noch stärker gestörtes Körpergefühl mit sich. Der einzige Trost, der noch bleibt, ist: Essen.

An dieser Stelle ist der Teufelskreislauf dann geschlossen.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

  

 

4. Magersucht (Anorexia Nervosa)

 

4.1 Wie häufig ist Magersucht ?

 

 

 

Von den Überlebenden werden: - 1/3 geheilt.

- 1/3 chronisch magersüchtig.

- 1/3 eine latente Magersucht behalten.

 

Bei Männern kommt Magersucht zehn bis fünfzehn mal seltener vor als bei Frauen.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

 

Bei Magersucht muß man grundlegend zwischen zwei verschiedenen Typen unterscheiden:

 

1. Pubertätsmagersucht

2. chronische Magersucht

 

 

4.2 Kennzeichen

 

4.2.1 Pubertätsmagersucht

 

Bei der Pubertätsmagersucht wird von der akuten Form der Magersucht gesprochen, die vorwiegend bei pubertierenden Mädchen auftritt. Diese Mädchen wollen etwas Besonderes sein und deshalb sind sie oft, trotz ihrer körperlich instabilen Lage, sehr ehrgeizig und erstaunlich leistungsfähig. Allerdings haben sie ein stark gestörtes Körpergefühl und sehen in der Askese ihr Ideal. Das Ignorieren ihres Hungergefühls verleiht ihnen ein Machtempfinden und Stärke sie somit in ihrem Handeln. In den meisten Fällen ist Magersucht auch gleichzeitig eine Ablehnung der erwachsenen Geschlechterrolle, da sie sich ihr nicht gewachsen fühlen. So kommt es auch dazu, daß bei den meisten Mädchen die Menstruation ausbleibt.

(vgl. C.A. Schlieper, 1986)

 

 

4.2.2 Chronische Magersucht

 

Chronisch Magersüchtige haben das Gewicht oberhalb der lebensbedrohlichen Grenze für sich akzeptiert. Sie haben aber ständig Angst vor einer Gewichtszunahme und kontrollieren deshalb streng ihr Eßverhalten oder beeinflussen dieses durch Medikamentenmißbrauch.

 

Zu einer chronischen Magersucht kommt es oft, sobald die Behandlung einer akuten Magersucht als abgeschlossen gilt. Dieses geschieht, wenn die lebensbedrohliche Situation vorüber ist, die seelische Problematik der Magersüchtigen aber noch nicht behoben wurde.

 

Es ist also möglich, daß eine chronische Magersucht lebenslang fortbesteht ohne die Aufmerksamkeit der Umwelt auf sich zu ziehen.

Aus diesem Grund besteht auch ständig die Gefahr eines Rückfalls in die akute Form der Magersucht.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

 

4.3 Körperliche Folgen

 

Selbstverständlich kommt es bei Magersucht zu Untergewicht (Gewichtsverlust bis zu 25%) und dadurch auch zu den daraus resultierenden Folgen: Kräfteverfall, Verstopfung, niedriger Blutdruck und niedrige Körpertemperatur. Trockene Haut und brüchiges Haar sind ebenfalls typische Begleiterscheinungen.

Hoher und ständiger Mißbrauch von Medikamenten kann bis zum Kreislaufzusammenbruch oder Herzversagen führen. Hinzu kommt noch ein akuter Eiweiß-, Vitamin- und Mineralstoffmangel, der in Extremfällen zu bleibenden organischen Schäden führen kann.

(vgl. C.A. Schlieper, 1986)

 

4.4 Seelische und soziale Folgen

 

Magersüchtige fühlen sich rein, stark und ihrer Umwelt überlegen in den Zeiten, wo sie ihr Hungergefühl unterdrücken können. In Zeiten der Eßanfälle kommt es jedoch zu starken Schuld- und Schamgefühlen.

Aus diesen Gründen zieht sich die Magersüchtige gerne in sich zurück und verliert ihre Kontaktfreudigkeit. Außerdem kann es zu einer Überempfindlichkeit gegen Licht und Geräusche kommen.

 

Da Magersüchtige freiwillig auf das gemeinsame Essen mit der Familie verzichten, stößt dieses auf Unverständnis der Umwelt und die Magersüchtige gerät automatisch in eine Außenseiterposition. Hierdurch kommt es zu Depressionen und einer weiteren Unzufriedenheit mit sich selbst; und so ist auch hier wieder der Teufelskreislauf geschlossen.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

 

5. Bulimie (Bulimia Nervosa / Eß- Brechsucht)

 

5.1 Wie häufig ist Bulimie ?

 

Man schätzt, daß jede 20. Frau in Deutschland unter Bulimie leidet, die Dunkelziffer soll jedoch wesentlich höher liegen. Auch hier sind wieder hauptsächlich Frauen im Alter von 15 - 50 Jahren betroffen. Bulimie wurde anfangs nur als Begleiterscheinung der Magersucht bekannt, doch heute ist sie als eigenständige Krankheit anerkannt.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

 

5.2 Kennzeichen

 

Ein Wechsel zwischen Eßattacken und Erbrechen ist typischstes Merkmal von Bulimie. Bulimia bedeutet Stierhunger bei dem es zu einem wahllosen Durcheinanderessen von großen Lebensmittelmengen bis zu 4000 KJ kommt. Diese Heißhungerattacken werden durch selbst herbeigeführtes Erbrechen beendet, da sie panische Angst vor einer Gewichtszunahme haben. Obwohl Bulimiekranke normal- bis leicht untergewichtig sind, sind sie absolut davon überzeugt zu dick zu sein. Der Wunsch abzunehmen ist ständig gegenwärtig und so entscheiden schon minimale Gewichtsschwankungen über ihr Wohlbefinden.

(vgl. C.A. Schlieper, 1986)

 

 

5.3 Körperliche Folgen

 

Den meisten Eß- / Brechsüchtigen ist es nicht klar, welchem Gesundheitsrisiko sie sich während ihrer Krankheit aussetzen.

 

Hierbei kann es nämlich zu einer starken Übersäuerung der Mundhöhle und dadurch zu Zahnausfall kommen. Weiterhin wird die Speiseröhre stark verletzt, chronische Verstopfung kann entstehen und Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Übelkeit können auftreten.

(vgl. P. Mader, 1988)

 

 

5.4 Seelische und soziale Folgen

 

Eß- / Brechsüchtige "funktionieren" weiterhin in unserer Gesellschaft ohne weiter aufzufallen. Sie stehen aber innerlich unter einem extremen Leidensdruck und ihr Glaube abnorm zu sein führt von Scham über Selbstekel und Schuldgefühlen bis hin zu Depressivität und Selbstmordgedanken. Da Eß- / Brechsüchtige fürchten sich nach einem gemeinsamen Essen nicht wieder entleeren zu können, meiden sie von vornherein diesen sozialen Kontaktpunkt. Sie kapseln sich weiterhin ab und geraten wie Magersüchtige in eine Außenseiterposition. (vgl. P. Mader, 1988)

 

 

 

6. Sozio-kulturelle Ursachen

 

6.1 Werbung und Gesellschaft

 

Die Ursachen für Eßstörungen sind zum größten Teil durch die Gesellschaft und eine nicht gefestigte Persönlichkeit gegeben.

Den Menschen wird in Deutschland durch ihre Kultur, die Familie, Werbung, usw. ein Idealmensch vermittelt.

Dieser Mensch soll jung, dynamisch, schlank, intelligent und schön sein. Besonders die Körperfigur wird dabei in den Vordergrund gestellt. Durch besonders schlanke Menschen, die für Diätprodukte und Kosmetikartikel werben, wird dies repräsentiert.

 

"Heute will uns die Mode weismachen, daß alle Frauen eine Größe paßt: Größe 38. Maßgefertigte Menschen in maßgefertigten Kleidern."

(The Body Shop Deutschland, FULLVOICE, 1998, S.4)

 

"Models haben keinen negativen Einfluß auf Frauen. Sie haben einen positiven Einfluß, weil sie Maßstäbe [!] setzen. Natürlich wird dadurch nicht jede Frau zum Model, aber sie wird versuchen, das Beste aus sich machen. Denn Models setzen Maßstäbe [!]. Wer glaubt, daß er in punkto Aussehen und Wohlbefinden sein Bestes gibt, umgibt sich mit einer Aura von Selbstsicherheit und Selbstvertrauen. Das ist es, was Models für Frauen tun."

(E. Ford in: FULLVOICE, The Body Shop Deutschland, 1998, S.10)

 

Diese Vorgabe steht im Gegensatz zu den Ernährungsgewohnheiten einer Überflußgesellschaft. (vgl. C. Buhl,1991) Man bedenke: laut Statistik (TV-Sendung Brisant vom 12.03.98) ist jeder zweite erwachsene Deutsche übergewichtig.

Dieser Kontrast, kulturelle Idealbilder und Assoziationen, zeitliche Trends (6.3) und die Beeinflussung durch die Familie (6.2) können gemeinsam die Gründe für Eßstörungen sein.

 

Bei einer Eßsucht gibt es zwar die Form des Trotzes: "Ich will doch gar nicht attraktiv und dynamisch sein.", doch kennzeichnet dieser Konflikt nicht in erster Linie diese Krankheit. Anstatt einer Trotzreaktion wird bei der Eßsucht die Flucht vor Alltagsproblemen gesucht.

Den "Ärger in sich hineinfressen" bekommt hier eine echte, wirkliche Bedeutung.

 

Nicht gefestigte Persönlichkeiten, wie z.B. Jugendliche

oder aber auch Menschen in einer Lebenskrise sind besonders gefährdet. Die Pubertätsmagersucht ist hier ein gutes Beispiel.

Demnach kann ein übertriebenes Nacheifern des gesellschaftlichen und kulturellen Idealmenschen in eine Magersucht führen.

 

Wenn die eigene Persönlichkeit zwischen der Lust am Essen und der Idealfigur schwankt, kann das eine Bulimia Nervosa hervorrufen.

Die Betroffenen essen und genießen, doch dann messen sie sich an dem Idealbild, fühlen sich schlecht und erbrechen sich.

Dabei erbrechen sie nicht nur ihr Essen, sondern auch metaphorisch gesehen ihr schlechtes Gefühl.

 

 

6.2 Kulturkreise

 

Aber nicht nur Werbung, sondern auch der Kulturkreis definiert einen Idealmenschen.

In Deutschland und anderen westlichen Industrieländern werden mit einer schlanken Figur unter anderem Erfolg, Selbstbewußtsein, Gesundheit, Stärke (kurz: alle positiven Eigenschaften) assoziiert.

(Stark) Übergewichtige gelten dagegen als "dick, dumm, faul und gefräßig" (kurz: alle negativen Eigenschaften).

Ein Bauch wird höchstens bei Männern in einem fortgeschrittenen Alter anerkannt. Diese werden dann oftmals mit dem "gemütlichen Typen" assoziiert. Wie oben bereits erwähnt betreffen diese Krankheiten meistens Mädchen und Frauen.

 

Andere Länder und Kulturen definieren die Idealfigur, besonders die von Frauen, zum Teil anders. Sie haben eine Vielzahl an Frauenbildern oder sind toleranter.

So z.B. in Italien:

"Die Mutter ist hier noch Matrone, das Zentrum der Familie, und die Familie ist ihrerseits von zentraler Wichtigkeit, von der kleinen bis zur großen der Mafia. Mütterlichkeit aber ist, in Anlehnung an den Überfluß der großen Mutter Natur, mit wogenden Brüsten und überfließender Fülle assoziiert, einem breiten, gebärfreudigen Becken und einem Schoß, auf dem »Mann« noch ausruhen kann."

(R. Dahlke, 1989, S. 25)

 

 

 

"Schauen wir in den Osten, etwa nach Indien, finden wir ein von dem unseren völlig verschiedenes Ideal: Runde, üppige Formen sind gefragt, Fett ist schön denn es steht für Reichtum und Überfluß. Gewicht steht hier noch direkt für Gewichtigkeit. Ein Fetter Mensch zeigt an, daß er es nicht nötig hat, sich zu bewegen oder gar zu arbeiten. Er läßt sich gegebenenfalls von seinen dünnen, weil ständig gehetzten, Dienern tragen. Die voluminöse Frau drückt zudem noch den Reichtum ihres Mannes aus, sie ist sein stattliches Aushängeschild, dokumentiert sein gesellschaftliches Gewicht.

Das geht so weit, daß in Indien amerikanische Filme nicht ankommen wegen der »unattraktiv dürren« Frauen; [...]" (R. Dahlke, 1989, S. 24)

 

 

6.3 Zeitliche Trends

 

Jede Kultur entwickelt sich und ist damit zeitlichen Trends unterworfen.

Nicht immer galten bei uns schlanke Menschen als attraktiv.

Rubens und andere malten vorwiegend füllige Körper. Es gab Zeiten in denen Frauen mit breiten Becken anziehend wirkten. So wurden komplizierte Konstruktionen entwickelt, die unter dem Kleid ein besonders breites Becken vortäuschten.

Doch auch um die Mitte unseres Jahrhunderts galten Frauen mit üppigen Formen als schön. Man denke an Marylin Monroe.

(vgl. R. Dahlke, 1989)

 

 

 

 

In letzter Zeit, da die (Kosmetik-) Industrie auch die Männer als Zielgruppe entdeckt hat, greifen immer mehr Männer zu Kosmetikartikeln und lassen sich Liften.

Ob diese Veränderung auch die Erkrankungszahlen für Eßstörungen bei Männern erhöht, bleibt abzuwarten und nachzuweisen.

 

Besondere Fälle sind die Zeiten der Not, wie Kriege oder Hungersnöte. In diesen Zeiten gehen die Zahlen der Eßstörungen gegen Null.

Die Menschen sind zu sehr mit dem Überleben beschäftigt, als daß sie sich mit Normen befassen können. (vgl. C. Buhl, 1991)

 

 

7. Schlußwort

 

Das Thema besitzt eine Komplexität, die ohne eine Einbeziehung von vielen Faktoren nicht begreifbar ist. Außerdem muß die individuelle Lebenssituation der Person berücksichtigt werden.

 

"[...]S. wiegt 33Kg und ist 157cm groß. sie ißt nur noch Knäckebrot und trinkt Tee.

Bei einem Familienfest vor einem Jahr haben sich die Verwandten über die Pummeligkeit von S. lustig gemacht. Sie wog damals 55Kg bei einer Größe von 155cm.

S. ist begabt, sie hat keine Schulschwierigkeiten.

Ihr Vater ist Maurer, die Mutter ist Geschäftsführerin bei einer Lebensmittelkette. Im letzten Jahr fing der Vater an zu trinken, inzwischen ist die Ehe geschieden. S. hatte sich früher mit dem Vater gut verstanden, jetzt beschimpft er sie.

S. hat sich zurückgezogen, sie fühlt sich nicht angenommen.

 

Sie glaubt, sie hätte es besser gehabt, wenn sie ein Junge wäre.

Sie meint, sie könne nicht wieder anfangen zu essen, sonst würde sie nicht wieder aufhören.

Heute bekommt sie vom Essen Magendrücken. (Nach einem Bericht von G. Gutezeit.)"

(C.A. Schlieper, Grundfragen der Ernährung, 1986, S. 367)

 

Auch sind die Fallbeschreibungen von Charlotte Buhl in ihrem Buch "Magersucht und Eßsucht" gute Beispiele für die Komplexität und Individualität des Themas.

Schließlich ist zu betonen, daß jede Form der Eßstörung dringend

ärztlicher Behandlung bedarf. Wichtig ist hierbei, daß während der Behandlung nicht nur der lebensbedrohliche Zustand aufgehoben wird sondern, daß auch die psychische Behandlung fortan bestehen bleibt.

Dieses ist notwendig, damit es den "Süchtigen" ermöglicht werden

kann ihr medizinisch und gesundheitlich wünschenswertes Körpergewicht zu erreichen und auch zu behalten.

Erst wenn die Ursachen behoben worden sind, kann ein "normales" Eßverhalten im Alltag schrittweise wieder von den Patienten erlernt und akzeptiert werden.

 

 

 

8. Literaturverzeichnis

 

Buhl, C. : Magersucht und Eßsucht.

Stuttgart: Trias Verlag,

1991

 

Dahlke, R.: Gewichtsprobleme.

München: Knaur Verlag,

1989

 

Mader, P. : Gestörtes Eßverhalten.

Hamburg : Neuland Verlag,

1988.

 

Schlieper, Cornelia A. : Grundfragen der Ernährung.

Hamburg : Verlag Dr. Felix Büchner,

1986.

 

The Body Shop Deutschland Fullvoice.

Cosmo Trading GmbH&Co. KG: Neuss,

1998.

 

 

Bewertung/ Kommentar des Professors

Prof.Dr. H.-W. Prahl:

"Ganz angemessen und gut belegt wurden einige Formen und Ursachen von Eßstörungen dargestellt. Neben psychologischen Faktoren werden gesellschaftliche Zusammenhänge herausgearbeitet. Sozialwissenschaftliche Argumentationsfähigkeit wird bewiesen. Allerdings kommt der familiäre Hintergrund etwas kurz, auch die Individualisirungstrends hätten noch genauer einbezogen werden sollen. Inhaltlich wie formal ist eine überzeugende Arbeit gelungen."